VALENCIA – Europas grüne Haupstadt 2024

Die sympathische Stadt am Mittelmeer punktet grün mit fünf Millionen Quadratmetern Grünfläche, 29 Parks und Gärten sowie 160 Kilometern städtischen Radwegen ...

Wie eine grüne Lunge von West nach Ost zieht sich der Antiguo Cauce del Rio Túria durch die Stadt. Ein stillgelegter Fluss, mit dem alles begann. Alles? Nach der schlimmsten Überschwemmung der Region im Jahr 1957 beschloss die Stadtverwaltung, den Fluss umzuleiten. Der Rio Túria, der bei den immer wiederkehrenden Regengüssen auch von den Bergen viel Wasser in Richtung Meer führte, wurde außerhalb der Stadt verlegt und das Flussbett getrocknet. Heute ist der neun Kilometer lange Grünstreifen der Treffpunkt aller Valencianer, um zu schlendern, spazieren zu gehen, zu joggen, zu radeln oder sonstigen Bewegungs- und Erlebniswünschen nachzugehen. Unter 18 Brücken führt der breite grüne Gürtel namens Jardín del Turia hindurch. Üppige Begrünung, mächtige Platanen, Olivenbäume, Zypressen und Eukalyptus sowie Palmen, Picknickflächen, Sport- und Spielplätze lassen den Besucher vergessen, dass er sich mitten in der Stadt befindet. Mit dem Erfolg dieses Projektes wurde deutlich, dass die Investitionen in den Umwelt- und Naturschutz richtig waren und von der breiten Bevölkerung getragen werden.

In den folgenden Jahren wurden sukzessive Straßen zurückgebaut und weitere Grünflächen geschaffen. Radfahrer und Fußgänger erhielten neue Wege und mehr Platz. Mittlerweile sind es 160 Kilometer. Wo noch vor wenigen Jahren der Verkehr am Dom vorbeiströmte, stehe ich heute auf einem riesigen Platz, der ausschließlich Fußgängern vorbehalten ist. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ist attraktiv gestaltet: Für rund 4 Euro kann man zehn Mal mit dem Bus fahren. Und all die Bemühungen um einen attraktiven Lebensraum wurden nun anerkannt: 2024 ist Valencia die ‚Grüne Hauptstadt Europas‘. Mit dieser Auszeichnung belohnt die Europäische Kommission führende Städte für ihr Engagement im Bereich der ökologischen Umweltpolitik und der Nachhaltigkeit. Besondere Berücksichtigung dabei finden Aspekte wie die Grünflächen der Stadt, nachhaltige Mobilitätsinitiativen oder die Förderung eines verantwortungsvollen und umweltfreundlichen Tourismus. Zudem werden die Bemühungen der Stadt zur Verbesserung der Umwelt und der Lebensqualität ihrer Bürger und Besucher gewürdigt. Der Schutz und die Schaffung von Grünflächen in der Stadt, die Wiederherstellung öffentlicher Räume, ihr Radwegenetz zur Verringerung der CO2-Emissionen (sie ist Vorreiterin bei der Zertifizierung ihres touristischen CO2- Fußabdrucks), ihre Bemühungen zur Förderung der lokalen Wirtschaft und ihr Engagement zur Verbesserung der Energieeffizienz sind die Gründe, die zu der Auszeichnung führten.

Beeindruckende Heiligtümer und Kulturschätze

Reizvolle Gassen führen durch die Altstadt, eine reine Fußgängerzone: Prachtvolle Jugendstilhäuser säumen die Straßen, Cafés, Bars und Geschäfte reihen sich aneinander. Von den ursprünglich 12 Stadttoren stehen noch zwei mächtige, aus dem 14. Jahrhundert stammende Torres de Serrans. Überhaupt ist alles kompakt und nah beieinander. Im Jugendstilgebäude Mercado Central, dem größten Frischmarkt Europas, präsentieren Händler auf über 8.000 Quadratmetern voller Energie regionale Lebensmittel und vieles mehr - ein Genuss für alle Sinne. Ein weiteres Highlight der Stadt ist die im gotischen Stil erbaute Kathedrale von Valencia. Ursprünglich ein römischer Tempel, wurde sie später in eine Moschee und schließlich in eine Kirche umgewandelt. Wunderbare Altarbilder aus dem 15. Jahrhundert beeindrucken ebenso wie eine Vielzahl von Fresken und Gemälden, darunter Werke von bekannten Künstlern wie Goya und Ribalta. Stile der Renaissance und des Barock finden ebenso ihren Platz wie der Heilige Kelch im Kapitelsaal der Capilla del Santo Caliz, der sich nach verschiedenen Studien, schriftlichen Dokumenten, Gralslegenden und anderen Belegen beim Letzten Abendmahl in den Händen Jesu Christi befand. Die heilige Reliquie von unglaublichem archäologischen und kulturellen Wert wurde später von den Päpsten bei den Heiligen Messen verwendet, wechselte durch Kriege und Vertreibungen mehrmals ihren Aufenthaltsort, bis König Alfons sie der Kathedrale von Valencia übergab.

Natur- und Kultur-Reichtümer in Hülle und Fülle

Valencia ist bekannt für Keramik, für seine Orangen, für Seidenwaren. Und Valencias Stolz der Moderne ist die Stadt der Wissenschaft und Künste, das CAC (Ciutat de les Arts i les Ciéncies), ein beeindruckender Komplex. Er umfasst das Oceanogràfic (das größte Aquarium Europas), das Hemisfèric (ein IMAX-Kino und Planetarium), das Museu de les Ciències Príncipe Felipe (ein interaktives Wissenschaftsmuseum), das Palau de les Arts Reina Sofía (ein Opern- und Konzerthaus) und den Umbracle (ein botanischer Garten und Aussichtspunkt). Die Bewohner nennen ihre Stadt ‚die Helle‘, ein Stern am Kulturhimmel des Landes. Neben fantastischer Architektur gibt es mehr als 30 Museen, die wahre Schätze beherbergen.

Wie so oft ist es das Zusammenspiel mehrerer Faktoren, das zu einem wunderbaren Ergebnis führt. Die Böden der Region sind sehr fruchtbar, ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem tut sein Übriges: Kohl, Fenchel, Zwiebeln, Salat und vieles mehr werden direkt am Stadtrand auf relativ kleinen Parzellen angebaut. Ein Teil der Produkte ist für die lokale Versorgung bestimmt, ein anderer für den Export. Eine besondere Spezialität sind die Erdmandeln, eine kleine Knolle in der Wurzel der Pflanze, die traditionell angebaut wird und ein wichtiger Bestandteil der lokalen Agrarwirtschaft ist. Reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralien hat die Erdmandelmilch inzwischen ihren Weg in die Kühlregale der Märkte gefunden. Die ‚Huerta‘ ist eng mit der Stadt Valencia verbunden, denn schon vor Hunderten von Jahren verkauften die Bauern ihre Produkte in der Stadt. Auf dem Rückweg brachten sie die Lebensmittelabfälle - damals gab es noch kein Plastik - zurück an den Stadtrand und kompostierten sie. So entstand ein gesunder Kreislauf.

Die Gemüsegärten tragen ebenso zur ‚Grünen Hauptstadt Europas 2024‘ bei wie das nahe gelegene Naturschutzgebiet Albufera. Hier wird der klassische Reis für das valencianische Nationalgericht Paella angebaut. Wenige Kilometer südlich der Stadt beginnt der Parque Natural de La Albufera mit dem größten See Spaniens. Ringsum reihen sich Reisfelder aneinander. Die Lagune ist durch einen schmalen Landstreifen von der Küste getrennt und steht mit dem Mittelmeer in Verbindung. Die Albufera ist ein ökologisch wichtiges Feuchtgebiet. Bei einer Bootsfahrt entlang des Kanals zum See erfährt der Besucher viel über den Reisanbau, den Lebensraum und die Bedeutung des Pinienwaldes, der den Park vom Mittelmeer trennt. Touristen und natürlich auch Einheimische suchen hier am Wochenende Erholung, meist mit dem Fahrrad oder mit dem Bus aus der Stadt, der bis hierherfährt. Das Ticket kostet ca. 4 Euro für zehn Fahrten bis nach El Salaire.

Das Bewässerungssystem reicht bis in die maurische Zeit zurück. Der historische Kanal leitet das Wasser aus dem Fluss Turia ab und bringt es in die landwirtschaftlichen Gebiete ‚Huerta‘. Die Bewässerungstechniken wurden im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt, wobei moderne Methoden wie Tröpfchenbewässerung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das Bewässerungssystem unterstützt zudem die Feuchtgebiete der Albufera-Lagune. Jeden Donnerstag tagt an der Außenfassade des romanischen Palau-Tor um 12 Uhr das Wassergericht. Diese Institution wurde im Mittelalter von König Jakob I. eingeführt und besteht aus acht Landarbeitern, die alle zwei Jahre von den Wasserrechtlern des Anbaugebiets von Valencia gewählt werden. Ihr Ziel ist es, in Fragen der Bewässerung und der Wasserverteilung des Turia-Flusses in einem mündlichen Verfahren auf valencianisch, deren Entscheidung unanfechtbar sind, Recht zu sprechen. Dieses Wassergremium oder „Tribunal de las Aguas“ ist heute noch als Modelleinrichtung erhalten und wurde in das Immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. In Syrien übrigens gibt es ein ähnliches System.

Ein Dorf mitten in der Stadt

Direkt am Meer liegt Cabanyal, ein historischer Stadtteil wie ein kleines Dorf im Herzen der Stadt. Bunte Häuser schmücken die engen Gassen, früher war es ein eigenständiges Fischerdorf. Lebendig und offen für die Modernisierung hat sich die Gemeinde gleichzeitig eine kulturelle Identität bewahrt, die besonders in der Karwoche, der Semana Santa, bei den religiösen Prozessionen zum Ausdruck kommt. Tief in der katholischen Tradition verwurzelt, symbolisieren die Mitglieder der Bruderschaften in prächtigen Gewändern und mit religiösen Insignien den Leidensweg Jesu Christi bis zu seiner Kreuzigung und Auferstehung. Die Osterprozessionen sind für viele Spanier ein wichtiges religiöses und kulturelles Ereignis und ziehen jedes Jahr zahlreiche Besucher an. Sie bieten den Gläubigen die Gelegenheit, ihre Spiritualität zu vertiefen und an den liturgischen Feiern teilzunehmen, während sie gleichzeitig das kulturelle Erbe und die Traditionen ihrer Gemeinschaft feiern.

Alles richtig gemacht, Valencia! Hasta la vista!

Trip Tipps:

  • Anreise: Direktflüge von München, Nürnberg, Stuttgart, Karlsruhe, Memmingen, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Berlin. In 15 Minuten vom Stadtzentrum mit der Metro.
  • Im Jubiläumsjahr wird gefeiert: Fallas von Valencia vom 15. bis 19. März 2024 (immaterielles Kulturerbe durch die UNESCO), Erster Ironman 70.3 am 21. April 2024, Juli 2024– großes traditionelles Volksfest: Einen Monat lang bietet die Stadt zahlreiche Aktivitäten an, u.a. Open-Air-Konzerte, Feuerwerke am Meer, Kulturnächte, Museumsnächte, die spektakuläre Batalla de Flores (Blumenschlacht). Den Höhepunkt bildet das Abschlussfest zu diesen Tagen, in welchen Valencia im Rhythmus des Jazz, Pop und Rock vibriert und nach Schießpulver, Rosen und Margeriten duftet. 23. bis 27.Oktober 2024: FIA Motorsport Games.
  • Best food und best view in town: Atenea, Rooftop + Restaurante
  • Fine dining: Nou Gourmet, traditionelle Tapas in Bodega Montana – unbedingt reservieren
  • Plaza Redonda: Origineller Rundbau aus dem 19. Jahrhundert, von Salvador Escrig Melchor. Die vom Volksmund als "el clot" (das Loch) bezeichnete untere Etage beherbergt zahlreiche Ladenlokale, Sonntagmorgen findet auf dem Platz ein Straßenmarkt statt. Unbedingt die Architektur studieren.
  • In der Lonja de la Seda, der Seidenbörse, wurde feinste Seide gehandelt. Sie gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und gilt als einer der schönsten gotischen Zivilbauten in Europa. Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert züchtete man in Valencia Seidenraupen, unzählige Maulbeerbäume wurden gepflanzt. Als die Blütezeit der Seide vorbei war, mussten die Bäume den gewinnbringenden Orangenbäumen weichen.
  • Brücken in Valencia: Besonders erwähnenswert sind die historischen Brücken von San José (17. Jh.), Serranos (16. Jh.), Trinidad (15. Jh.), Real (16. Jh.) und Del Mar (16. Jh.) sowie die neueren Brücken: die Puente de la Exposición-Brücke, die Brücke des 9. Oktober, die Blumen – Brücke oder die Assut d'Or Brücke, die von Santiago Calatrava entworfen wurden: die Brücke „De las Artes“ in der Nähe des IVAM von Norman Foster oder die „Ángel Custodio“-Brücke von Arturo Piera.

Autorin: Susanne Reuter

© Fotos: Susanne Reuter, VisitValencia, pixabay.com (Jesus Mompo, Alexander Gresbek, James Hose), unsplash.com (dayso, Francesco Califano, shuishi pan)

Susanne Reuter
"Die Welt ist wundervoll, spannend und voller Köstlichkeiten." Sie schreibt über Aktivurlaube (Wandern, Biken, Wintersport), Kreuzfahrten sowie Städte- und Kulturreisen.
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Die sympathische Stadt am Mittelmeer punktet grün mit fünf Millionen Quadratmetern Grünfläche, 29 Parks und Gärten sowie 160 Kilometern städtischen Radwegen ...

Wie eine grüne Lunge von West nach Ost zieht sich der Antiguo Cauce del Rio Túria durch die Stadt. Ein stillgelegter Fluss, mit dem alles begann. Alles? Nach der schlimmsten Überschwemmung der Region im Jahr 1957 beschloss die Stadtverwaltung, den Fluss umzuleiten. Der Rio Túria, der bei den immer wiederkehrenden Regengüssen auch von den Bergen viel Wasser in Richtung Meer führte, wurde außerhalb der Stadt verlegt und das Flussbett getrocknet. Heute ist der neun Kilometer lange Grünstreifen der Treffpunkt aller Valencianer, um zu schlendern, spazieren zu gehen, zu joggen, zu radeln oder sonstigen Bewegungs- und Erlebniswünschen nachzugehen. Unter 18 Brücken führt der breite grüne Gürtel namens Jardín del Turia hindurch. Üppige Begrünung, mächtige Platanen, Olivenbäume, Zypressen und Eukalyptus sowie Palmen, Picknickflächen, Sport- und Spielplätze lassen den Besucher vergessen, dass er sich mitten in der Stadt befindet. Mit dem Erfolg dieses Projektes wurde deutlich, dass die Investitionen in den Umwelt- und Naturschutz richtig waren und von der breiten Bevölkerung getragen werden.

In den folgenden Jahren wurden sukzessive Straßen zurückgebaut und weitere Grünflächen geschaffen. Radfahrer und Fußgänger erhielten neue Wege und mehr Platz. Mittlerweile sind es 160 Kilometer. Wo noch vor wenigen Jahren der Verkehr am Dom vorbeiströmte, stehe ich heute auf einem riesigen Platz, der ausschließlich Fußgängern vorbehalten ist. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ist attraktiv gestaltet: Für rund 4 Euro kann man zehn Mal mit dem Bus fahren. Und all die Bemühungen um einen attraktiven Lebensraum wurden nun anerkannt: 2024 ist Valencia die ‚Grüne Hauptstadt Europas‘. Mit dieser Auszeichnung belohnt die Europäische Kommission führende Städte für ihr Engagement im Bereich der ökologischen Umweltpolitik und der Nachhaltigkeit. Besondere Berücksichtigung dabei finden Aspekte wie die Grünflächen der Stadt, nachhaltige Mobilitätsinitiativen oder die Förderung eines verantwortungsvollen und umweltfreundlichen Tourismus. Zudem werden die Bemühungen der Stadt zur Verbesserung der Umwelt und der Lebensqualität ihrer Bürger und Besucher gewürdigt. Der Schutz und die Schaffung von Grünflächen in der Stadt, die Wiederherstellung öffentlicher Räume, ihr Radwegenetz zur Verringerung der CO2-Emissionen (sie ist Vorreiterin bei der Zertifizierung ihres touristischen CO2- Fußabdrucks), ihre Bemühungen zur Förderung der lokalen Wirtschaft und ihr Engagement zur Verbesserung der Energieeffizienz sind die Gründe, die zu der Auszeichnung führten.

Beeindruckende Heiligtümer und Kulturschätze

Reizvolle Gassen führen durch die Altstadt, eine reine Fußgängerzone: Prachtvolle Jugendstilhäuser säumen die Straßen, Cafés, Bars und Geschäfte reihen sich aneinander. Von den ursprünglich 12 Stadttoren stehen noch zwei mächtige, aus dem 14. Jahrhundert stammende Torres de Serrans. Überhaupt ist alles kompakt und nah beieinander. Im Jugendstilgebäude Mercado Central, dem größten Frischmarkt Europas, präsentieren Händler auf über 8.000 Quadratmetern voller Energie regionale Lebensmittel und vieles mehr - ein Genuss für alle Sinne. Ein weiteres Highlight der Stadt ist die im gotischen Stil erbaute Kathedrale von Valencia. Ursprünglich ein römischer Tempel, wurde sie später in eine Moschee und schließlich in eine Kirche umgewandelt. Wunderbare Altarbilder aus dem 15. Jahrhundert beeindrucken ebenso wie eine Vielzahl von Fresken und Gemälden, darunter Werke von bekannten Künstlern wie Goya und Ribalta. Stile der Renaissance und des Barock finden ebenso ihren Platz wie der Heilige Kelch im Kapitelsaal der Capilla del Santo Caliz, der sich nach verschiedenen Studien, schriftlichen Dokumenten, Gralslegenden und anderen Belegen beim Letzten Abendmahl in den Händen Jesu Christi befand. Die heilige Reliquie von unglaublichem archäologischen und kulturellen Wert wurde später von den Päpsten bei den Heiligen Messen verwendet, wechselte durch Kriege und Vertreibungen mehrmals ihren Aufenthaltsort, bis König Alfons sie der Kathedrale von Valencia übergab.

Natur- und Kultur-Reichtümer in Hülle und Fülle

Valencia ist bekannt für Keramik, für seine Orangen, für Seidenwaren. Und Valencias Stolz der Moderne ist die Stadt der Wissenschaft und Künste, das CAC (Ciutat de les Arts i les Ciéncies), ein beeindruckender Komplex. Er umfasst das Oceanogràfic (das größte Aquarium Europas), das Hemisfèric (ein IMAX-Kino und Planetarium), das Museu de les Ciències Príncipe Felipe (ein interaktives Wissenschaftsmuseum), das Palau de les Arts Reina Sofía (ein Opern- und Konzerthaus) und den Umbracle (ein botanischer Garten und Aussichtspunkt). Die Bewohner nennen ihre Stadt ‚die Helle‘, ein Stern am Kulturhimmel des Landes. Neben fantastischer Architektur gibt es mehr als 30 Museen, die wahre Schätze beherbergen.

Wie so oft ist es das Zusammenspiel mehrerer Faktoren, das zu einem wunderbaren Ergebnis führt. Die Böden der Region sind sehr fruchtbar, ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem tut sein Übriges: Kohl, Fenchel, Zwiebeln, Salat und vieles mehr werden direkt am Stadtrand auf relativ kleinen Parzellen angebaut. Ein Teil der Produkte ist für die lokale Versorgung bestimmt, ein anderer für den Export. Eine besondere Spezialität sind die Erdmandeln, eine kleine Knolle in der Wurzel der Pflanze, die traditionell angebaut wird und ein wichtiger Bestandteil der lokalen Agrarwirtschaft ist. Reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralien hat die Erdmandelmilch inzwischen ihren Weg in die Kühlregale der Märkte gefunden. Die ‚Huerta‘ ist eng mit der Stadt Valencia verbunden, denn schon vor Hunderten von Jahren verkauften die Bauern ihre Produkte in der Stadt. Auf dem Rückweg brachten sie die Lebensmittelabfälle - damals gab es noch kein Plastik - zurück an den Stadtrand und kompostierten sie. So entstand ein gesunder Kreislauf.

Die Gemüsegärten tragen ebenso zur ‚Grünen Hauptstadt Europas 2024‘ bei wie das nahe gelegene Naturschutzgebiet Albufera. Hier wird der klassische Reis für das valencianische Nationalgericht Paella angebaut. Wenige Kilometer südlich der Stadt beginnt der Parque Natural de La Albufera mit dem größten See Spaniens. Ringsum reihen sich Reisfelder aneinander. Die Lagune ist durch einen schmalen Landstreifen von der Küste getrennt und steht mit dem Mittelmeer in Verbindung. Die Albufera ist ein ökologisch wichtiges Feuchtgebiet. Bei einer Bootsfahrt entlang des Kanals zum See erfährt der Besucher viel über den Reisanbau, den Lebensraum und die Bedeutung des Pinienwaldes, der den Park vom Mittelmeer trennt. Touristen und natürlich auch Einheimische suchen hier am Wochenende Erholung, meist mit dem Fahrrad oder mit dem Bus aus der Stadt, der bis hierherfährt. Das Ticket kostet ca. 4 Euro für zehn Fahrten bis nach El Salaire.

Das Bewässerungssystem reicht bis in die maurische Zeit zurück. Der historische Kanal leitet das Wasser aus dem Fluss Turia ab und bringt es in die landwirtschaftlichen Gebiete ‚Huerta‘. Die Bewässerungstechniken wurden im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt, wobei moderne Methoden wie Tröpfchenbewässerung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das Bewässerungssystem unterstützt zudem die Feuchtgebiete der Albufera-Lagune. Jeden Donnerstag tagt an der Außenfassade des romanischen Palau-Tor um 12 Uhr das Wassergericht. Diese Institution wurde im Mittelalter von König Jakob I. eingeführt und besteht aus acht Landarbeitern, die alle zwei Jahre von den Wasserrechtlern des Anbaugebiets von Valencia gewählt werden. Ihr Ziel ist es, in Fragen der Bewässerung und der Wasserverteilung des Turia-Flusses in einem mündlichen Verfahren auf valencianisch, deren Entscheidung unanfechtbar sind, Recht zu sprechen. Dieses Wassergremium oder „Tribunal de las Aguas“ ist heute noch als Modelleinrichtung erhalten und wurde in das Immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. In Syrien übrigens gibt es ein ähnliches System.

Ein Dorf mitten in der Stadt

Direkt am Meer liegt Cabanyal, ein historischer Stadtteil wie ein kleines Dorf im Herzen der Stadt. Bunte Häuser schmücken die engen Gassen, früher war es ein eigenständiges Fischerdorf. Lebendig und offen für die Modernisierung hat sich die Gemeinde gleichzeitig eine kulturelle Identität bewahrt, die besonders in der Karwoche, der Semana Santa, bei den religiösen Prozessionen zum Ausdruck kommt. Tief in der katholischen Tradition verwurzelt, symbolisieren die Mitglieder der Bruderschaften in prächtigen Gewändern und mit religiösen Insignien den Leidensweg Jesu Christi bis zu seiner Kreuzigung und Auferstehung. Die Osterprozessionen sind für viele Spanier ein wichtiges religiöses und kulturelles Ereignis und ziehen jedes Jahr zahlreiche Besucher an. Sie bieten den Gläubigen die Gelegenheit, ihre Spiritualität zu vertiefen und an den liturgischen Feiern teilzunehmen, während sie gleichzeitig das kulturelle Erbe und die Traditionen ihrer Gemeinschaft feiern.

Alles richtig gemacht, Valencia! Hasta la vista!

Trip Tipps:

  • Anreise: Direktflüge von München, Nürnberg, Stuttgart, Karlsruhe, Memmingen, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Berlin. In 15 Minuten vom Stadtzentrum mit der Metro.
  • Im Jubiläumsjahr wird gefeiert: Fallas von Valencia vom 15. bis 19. März 2024 (immaterielles Kulturerbe durch die UNESCO), Erster Ironman 70.3 am 21. April 2024, Juli 2024– großes traditionelles Volksfest: Einen Monat lang bietet die Stadt zahlreiche Aktivitäten an, u.a. Open-Air-Konzerte, Feuerwerke am Meer, Kulturnächte, Museumsnächte, die spektakuläre Batalla de Flores (Blumenschlacht). Den Höhepunkt bildet das Abschlussfest zu diesen Tagen, in welchen Valencia im Rhythmus des Jazz, Pop und Rock vibriert und nach Schießpulver, Rosen und Margeriten duftet. 23. bis 27.Oktober 2024: FIA Motorsport Games.
  • Best food und best view in town: Atenea, Rooftop + Restaurante
  • Fine dining: Nou Gourmet, traditionelle Tapas in Bodega Montana – unbedingt reservieren
  • Plaza Redonda: Origineller Rundbau aus dem 19. Jahrhundert, von Salvador Escrig Melchor. Die vom Volksmund als "el clot" (das Loch) bezeichnete untere Etage beherbergt zahlreiche Ladenlokale, Sonntagmorgen findet auf dem Platz ein Straßenmarkt statt. Unbedingt die Architektur studieren.
  • In der Lonja de la Seda, der Seidenbörse, wurde feinste Seide gehandelt. Sie gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und gilt als einer der schönsten gotischen Zivilbauten in Europa. Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert züchtete man in Valencia Seidenraupen, unzählige Maulbeerbäume wurden gepflanzt. Als die Blütezeit der Seide vorbei war, mussten die Bäume den gewinnbringenden Orangenbäumen weichen.
  • Brücken in Valencia: Besonders erwähnenswert sind die historischen Brücken von San José (17. Jh.), Serranos (16. Jh.), Trinidad (15. Jh.), Real (16. Jh.) und Del Mar (16. Jh.) sowie die neueren Brücken: die Puente de la Exposición-Brücke, die Brücke des 9. Oktober, die Blumen – Brücke oder die Assut d'Or Brücke, die von Santiago Calatrava entworfen wurden: die Brücke „De las Artes“ in der Nähe des IVAM von Norman Foster oder die „Ángel Custodio“-Brücke von Arturo Piera.

Autorin: Susanne Reuter

© Fotos: Susanne Reuter, VisitValencia, pixabay.com (Jesus Mompo, Alexander Gresbek, James Hose), unsplash.com (dayso, Francesco Califano, shuishi pan)

Susanne Reuter
"Die Welt ist wundervoll, spannend und voller Köstlichkeiten." Sie schreibt über Aktivurlaube (Wandern, Biken, Wintersport), Kreuzfahrten sowie Städte- und Kulturreisen.
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